top of page
DaxbergerWiesen_AA_2021-06-04 (3).jpeg

Wiese selbst anlegen

Standort

Eine Wiese oder ein blühender Saum kann in beinahe jedem Garten oder auf jedem Grundstück selbst angelegt leben. Wir geben hier einige Tipps, wie ein kleines Insektenparadies auf dem eigenen Grundstück gelingt.

Grundsätzlich gilt, dass in der Stadt jeder Quadratmeter Wildpflanzen zählt. Auch kleinste Blühinseln, wie z.B. eingesäte Baumscheiben oder kleine Grünstreifen an Gebäuden, helfen Bestäubern und anderen Insekten und fördern die regionale Artenvielfalt.

Aachen_Saum.jpg

Kleiner Grünstreifen in Aachen, auf dem eine regionale Wildpflanzenmischung ausgebracht wurde. Auch diese kleine Fläche bietet Insekten Lebensraum und Nahrung.

Bodenbearbeitung

Um eine artenreiche Wiese oder einen blühenden Saum anzulegen, ist ein relativ nährstoffarmer und beikrautfreier Boden notwendig. Dies ist auf den meisten Rasenflächen nicht gegeben.  Meist befindet sich im Oberboden ein großer Vorrat an Beikrautsamen, welcher nach einem einfachen Umgraben und einem Einsäen von Wildblumensaatgut ebenfalls keimt und eine starke Konkurrenz für die Wiesenpflanzen darstellt. Durch die oftmals jahrzehntelange Mulchmahd mit Rasenmähern ist zudem der Oberboden von Rasenflächen stark mit Nährstoffen, vor allem Stickstoff, angereichert. Folgende Arbeitsschritte sind daher meist notwendig, bevor man Wildpflanzensaatgut ausbringen kann.

1. Auswahl des Standorts. Grundsätzlich sind Standorte, die mindestens 6-8 Stunden am Tag volle Sonne erhalten zu bevorzugen. Jedoch lassen sich auch halbschattige bis schattige Standorte mit Wildpflanzen einsähen. Dafür liegen bei den Produzenten spezielle Mischungen vor.

Größere, gut belichtete Flächen können als Wiese eingesät werden, während streifenartige Flächen, z.B. entlang von Hecken oder Beeten, mit Saatgut für blühende Säume eingesät werden sollten.

2. Entfernen der Grasnarbe. Dies kann man mit einem Grassodenschneider oder per Hand mit dem Spaten erfolgen. Die Grasnarbe sollte zur Ausmagerung des Bodens nicht untergraben, sondern auf dem Kompost entsorgt oder tief im Gemüsebeet vergraben werden. Grassoden können auch für den Bau eines Hochbeetes verwendet werden (Anleitung z.B. hier).

3. Ausmagerung durch Sand/Kiesausbringung. Der Oberboden der meisten Rasenflächen ist für artenreiche Wiesen zu nährstoffhaltig (inbesondere zu stickstoffhaltig). Dies führt dazu, dass häufige Pflanzenarten, wie etwa Löwenzahn, einen großen Teil der mit Saatgut ausgebrachten Wiesenpflanzen überwachsen. Nach einigen Jahren kann daher der größte Teil der ausgesäten Wiesenarten wieder verschwunden sein. Bringt man jedoch Sand aus, setzt dies den Nährstoffgehalt herab, lockert sowie drainiert den Boden und hilft bei der Etablierung artenreicher Wiesenbestände. Bei besonders dichten Lehmböden kann zusätzlich etwas kleinkörniger Kies oder Split auf die Fläche gegeben werden, um die Drainage des Bodens zu erhöhen. Eine oftmals verwendete Faustformel ist 10 kg Sand und, bei festen Lehmböden, 2 bis 5 kg Split auf 1 Quadratmeter Boden auszubringen und in die oberste Bodenschicht einzuarbeiten. Bei bereits nährstoffarmen Böden (z.B. auf Sandböden wie in vielen Bereichen von Karlsruhe oder Mainz) kann dieser Arbeitschritt auch entfallen oder mit deutlich geringeren Anteilen gearbeitet werden.

Ansprechpartner *innen:

wissenschaftliche Begleitung und Koordination:

Dr. Martina Roß-Nickoll

FLIP@bio5.rwth-aachen.de

Institut für Umweltforschung

RWTH Aachen University 

Ein Garten wird für die Aussaat vorbereitet. Die Grasnarbe wurde für die Aussaat entfernt sowie Sand zur Ausmagerung ausgebracht. Der Bereich in der Mitte dient später als Weg und wird mehrmals im Jahr gemäht.

Saatgut und Ansaat

Für die Aussaat sollte zertifiziertes Regio-Saatgut von heimischen Wildpflanzen verwendet werden. Eine Aussaat kann sowohl im Frühjahr (März/April) sowie im Spätsommer (Mitte August bis Anfang September) erfolgen. Eine Ansaat im Frühjahr birgt weniger das Risko von Frostschäden an jungen Pflanzen, eine Ansaat im Spätsommer oder Herbst kann für Kaltkeimer von Vorteil sein. Das Saatgut wird auf den Oberboden ausgebracht und nicht eingearbeitet. Anschließend muss es angewalzt werden, da für eine erfolgreiche Keimung Bodenschluss nötig ist. Dies kann professionell mit einer Walze geschehen oder per Hand mithilfe eines Bretts, das man auf den Boden drückt. Das Saatgut darf nicht untergearbeitet werden, da etliche Arten Lichtkeimer sind. Zum Schutz vor Vögeln und Erosion kann eine dünne Mulchschicht aus geschnittenem Gras oder etwas halbverotteter Kompost aufgebracht werden. Dabei ist darauf zu achten, keine Beikrautsamen einzubringen.

Ist der Standort erosionsgefährdert, empfielt es sich grundsätzlich schnell keimende einjährige Pflanzen mit auszusähen, z.B. Blauer Lein, um eine schnelle Bodendeckung zu erreichen. Diese verschwinden nach Etablierung der ausdauernden Arten von selbst.

Ansprechpartner *innen:

wissenschaftliche Begleitung und Koordination:

Dr. Martina Roß-Nickoll

FLIP@bio5.rwth-aachen.de

Institut für Umweltforschung

RWTH Aachen University 

Erstes_Jahr_Garten.jpg

Ausgesäte Fläche von oben im ersten Jahr. Die ausgebrachte Mischung enthält zur Bodenfestigung eine Reihe einjähriger Pflanzen, unter anderem Blauer Lein sowie Färberkamille. Je nach Saatgut-mischung kann die Blüte im ersten Jahr auch weniger stark ausfallen.

Pflege

Mit Wiesensaatgut eingesäte Flächen sollten mindestens 1 mal im Jahr gemäht werden. Nähstoffreiche Standorte können bis zu 3 mal im Jahr gemäht werden, um eine Ausmagerung zu erreichen. Der erste Schnitt kann auf mittleren und frischen Standorten bereits Mitte bis Ende Juni erfolgen, jedoch nicht früher. Hierbei ist wichtig, dass das Schnittgut nicht auf der Fläche verbleibt, sondern abgeräumt wird. Dies verhindert die Akkumulation von Nährstoffen im Oberboden. Die Mahd mit der Sense oder dem Balkenmäher gilt als besonders insektenfreundlich, während Rasenmäher durch das Zerkleinern des Mahdguts für eine sehr hohe Anzahl von Insekten, darunter auch blütenbesuchende Wildbienen, eine tödliche Falle darstellen. Bei mechanisierten Mähverfahren sollte die Klinge mindestens 10 cm über dem Boden ansetzen, um Rosetten von Pflanzen und am Boden lebende Organismen zu schonen.

Um Insekten und anderen Tieren nicht auf einen Schlag die Lebensgrundlage zu nehmen, sollte die Mahd abschnittsweise erfolgen. Ein stehengelassener Altgrasstreifen über den Winter dient zudem vielen Wirbellosen als wichtiges Überwinterungshabitat.

Wiesen müssen grundsätzlich gemäht werden, um die Pflanzenvielfalt zu erhalten und Sukzession (Zuwachsen mit Gehölzen) zu verhindern. Ist kein Abräumen der geschnittenen Vegetation möglich, ist eine Mulchung einem Nichtmähen vorzuziehen. Hierbei sollte noch stärker auf das abschnittsweise Mähen als bei der Mahd mit Abräumen geachtet werden.

Saumhabitate sollten einmalig im Herbst gemäht werden, dabei sollte mindestens ein Viertel bis ein Drittel der Vegetation von der Mahd ausgenommen werden. Diese Bereiche werden von Insekten als Überwinterungshabitat angenommen. Dicke markhaltige Stengel, wie z.B. von verblühten Königskerzen, sollten ebenfalls von der Mahd ausgenommen werden. Diese dienen als wichtige Bruthabitate für viele Wildbienenarten. Dabei ist der gesamte Zyklus vierjährig: Im ersten Jahr wird von der Pflanze eine Rosette gebildet, im zweiten Jahr blüht sie, im dritten Jahr werden die dürren Stengel von Wildbienen besiedelt, die im vierten Jahr schlüpfen. Dieses Beispiel zeigt, wie komplex die Entwicklung vieler heimischer Insekten sein kann. Mit uniformen Pflegemaßnahmen kann man diesen in der Regel nicht gerecht werden.

Ansprechpartner *innen:

wissenschaftliche Begleitung und Koordination:

Dr. Martina Roß-Nickoll

FLIP@bio5.rwth-aachen.de

Institut für Umweltforschung

RWTH Aachen University 

Garten_Naaufnahme.jpg

Säume sind deutlich dynamischer als Wiesen und variieren in ihrem Aussehen oftmals stark. Es empfiehlt sich, ungewünschte Beikräuter regelmäßig zu entfernen und bei bei Bedarf nachzusähen.

Weitere Anmerkungen

Grundsätzlich gilt, dass eine Wiesen- oder Saumansaat äußerst dynamisch ist und das Aussehen von Jahr zu Jahr variiert. Daher ist oftmals Geduld gefragt, bis sich das gewünschte Ergebnis einfindet. Befindet sich Saatgut einjähriger Pflanzen (sogenannte Akzeptanzarten wie Kornblume oder Klatschmohn) in der Saatgutmischung, kann auch bereits im ersten Jahr mit einer reichen Blüte gerechnet werden. In dem hier präsentierten Beispiel sieht man z.B. Färberkamille, Klatschmohn und Kornblume. Diese Einjährigen weichen spätestens nach einigen Jahren den ausdauernden oder zweijährigen Wiesenpflanzen, z.B. Wiesen-Salbei, Wilde Karotte oder Flockenblumen, in Saumhabitaten auch Königskerzen oder Natternkopf.

Während Wiesen nur auf gut belichteten, größeren Flächen angelegt werden können, ist die Anlage blühender Säume auch an einem Wegrand oder als Streifen im Beet möglich. Wiesen sind grundsätzlich die stabileren Gemeinschaften. Durch Saatgut angelegte blühende Säume sind durch ihren hohen Randanteil starken Einflüssen durch angrenzende Flächen unterworfen. Daher kann es nötig sein, Säume nachzusäen oder Beikräuter per Hand zu entfernen. Dennoch stellen Säume wichtige Habitate für viele Insekten dar.

bottom of page